
Mein persönliches Highlight des Himmelfahrts-Tages in diesem Jahr:
Der Moment, als die Heilige Geistkraft dem Bischof auf dem Katholikentag flugs die sorgfältig vorbereitete Predigt zum Eröffnungsgottesdienst vom Ambo geweht hat.
Was hätte man daraus machen können! Weg mit den klugen Worten, das Zeichen (!) der Zeit nutzen und mal Tacheles reden? Vielleicht weniger fromm und formschön, dafür ehrlich und demütig darüber sprechen, wie wenig gut das in Wirklichkeit klappt, dieses "Leben teilen" in unserer kaputten Kirche?
Das Motto des Katholikentags - schön und gut und wichtig.
Bischof Gebhard Fürst (Diözese Rottenburg-Stuttgart) spricht von "Leben teilen, Leben stiften" und wie wichtig es ist, dass "zum Leben eingeladen wird".
Und was macht "die Kirche"? Schließt aus, sortiert, zieht Grenzen und lädt eben nur dann ein, wenn Bedingung XYZ erfüllt ist.
Zum Glück weiß ich, dass es in dieser Kirche Menschen gibt, die sich schon lange über unsinnige und verletzende Regeln hinweg setzen, die wahrhaftig einladend sprechen und handeln.
Sie nehmen in Kauf, dass sie dafür angefeindet werden oder sogar mit beruflichen Konsequenzen rechnen müssen. Diesen Mut und dieses Vorangehen bewundere ich immer wieder.
"Leben teilen heisst Verantwortung übernehmen für eine gerechtere Gesellschaft" predigt der Bischof - aber wie kann eine Kirche das "von der Welt" einfordern, solange sie selbst so ungerecht handelt?
Wir sollen "die gleiche Würde aller Menschen als Geschenk Gottes annehmen" - aber wie ernst kann man das nehmen, wenn es von einer Institution gefordert wird, die das selbst nur zögerlich oder gar nicht umsetzt?
Bischof Fürst hat den heiligen Moment verpasst.
Er hat den Windhauch, die Ruach*, nicht genutzt, die ihm die Röcke verwirbelt und den Tisch frei gepustet hat. Er hat professionell drüber weg souveränisiert und sein Ding abgeliefert.
Aber er hat auch etwas sehr starkes gesagt an diesem Himmelfahrtstag:
"Der Himmel soll aufgehen über der Hölle dieser Welt."
Mit Blick auf das Grauen, das nah und fern geschieht, mit einem dicken Kloß im Hals, Wut und Ohnmacht im Bauch beim Blick auf Amokläufer, Kriegstreiber und all die wirklich höllischen Zustände auf diesem Planeten ist das tatsächlich für mich mehr als ein frommer Wunsch.
Es ist Hoffnung aus tiefstem Herzen.
Happy Himmelfahrt.
Anmerkung: Mara Klein, Teilnehmende*r des Synodalen Wegs, schreibt vom Katholik(*innen)-Tag um aufzuzeigen, dass auch bei dieser Veranstaltung sprachlich Luft nach oben ist, wenn es um einladende Sprache geht. Ich danke Mara für diesen Hinweis.
*Ruach, die: Hebräisch für Wind, Windhauch, metaphorisch für Gottes Geist, Gottes Atem.
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